Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Die Übertragung von Betrieben wird bei der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer seit jeher begünstigt, um den Fortbestand von Unternehmen nicht zu gefährden. Geändert hat sich durch die Erbschaftsteuerreform 2009 der Begünstigungsmodus, was im Einzelfall zu Vorteilen, aber auch zu existenziellen Risiken für den betroffenen Unternehmer führen kann.

Begünstigung von Betriebsvermögen nach der Reform der Erbschaftsteuer 2009

Das alte Recht begünstigte Betriebsvermögen pauschal durch niedrige schenkungs- und erbschaftssteuerliche Wertansätze (niedrige Bilanzansätze und Grundstücksbewertungen). Hinzu kamen außerdem noch ein Freibetrag von 225.000,- € und ein Wertabschlag von 35 %.

Nach der Reform gelten folgende Grundsätze:

  • Die Wertansätze beim Betriebsvermögens wurden angehoben und verkehrswertnah gestaltet.
  • Erst auf der zweiten Stufe greifen unter bestimmten Voraussetzungen großzügige Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen und ein neuer Abzugsbetrag
  • Das Problem: In der Vergangenheit wurde Betriebsvermögen pauschal begünstigt, was zu Missbräuchen geführt hat. Nach neuem Recht greift eine Verschonung nur unter komplexen Voraussetzungen, in der Praxis kaum noch handhabbar sind. Bei der Verschonung gibt es zwei Varianten:
Regelverschonung

Grundsätzlich sieht das Gesetz einen Wertabschlag von 85 % und einen zusätzlichen (gleitenden) Abzugsbetrag von höchstens 150.000 EUR vor, soweit der Betrieb fünf Jahre fortgeführt wird (Behaltensfrist). Zusätzlich darf die Summe der jährlichen Lohnsummen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am Gesamtvermögen darf maximal 50 % betragen. Fazit: Bei einem Unternehmenswert von bis zu 1 Mio. EUR wird so eine vollständige Steuerentlastung erzielt.

Optionsverschonung

Die zweite Variante (so genannte Option) sieht eine vollständige Steuerbefreiung vor, wenn der Betrieb sieben Jahre fortgeführt wird, eine Lohnsummenregel von 700 % eingehalten wird und das Verwaltungsvermögen maximal 10 % beträgt.

Verwaltungsvermögen

Kernpunkt dieser Regelung ist die Höhe des zulässigen Verwaltungsvermögens von 50 % bzw. 10 %. Hierbei handelt es sich um „betriebsuntypisches“ Vermögen, das von der Begünstigung ausgenommen werden soll.

  • Die Gefahr: Alles-oder-nichts-Regelung. Besteht das Betriebsvermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen, entfällt der Verschonungsabschlag vollständig. Folge: Der Übergang des Betriebsvermögens ist zu 100 % zu versteuern und zwar auf der Basis der hohen Verkehrswerte. Die neuen Regelungen sind für den Unternehmer mit hohen Risiken verbunden, da die Verschonungsregelungen an komplexe, teilweise schwer zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft sind:
Handlungsempfehlungen
  • Es ist im Hinblick auf eine jederzeit mögliche Vererbung regelmäßig – spätestens jedoch vor einer vorweggenommenen Nachfolge zu Lebzeiten – ein Verwaltungsvermögenstest durchzuführen.
  • Bei Bedarf kann der Anteil des Verwaltungsvermögens durch Umstrukturierungen beim Betriebsvermögen (Entnahmen, Einlagen, Umstrukturierungen zwischen Gesellschaften) gezielt unter 50 % bzw. unter 10 % gedrückt werden.
  • Weiteres Gestaltungspotential wird dadurch eröffnet, dass aus dem Privatvermögen gezielt Einlagen in das Betriebsvermögen erfolgen, um dieses steuerfrei zu stellen. Dies funktioniert bei dem neuen Recht nicht mehr bei Immobilien, jedoch bei anderen Assets wie z.B. Bargeld.

Beispiel: Bankguthaben auf einem privaten Konto unterliegt zu 100 % der Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer. Bargeld auf einem Betriebskonto dagegen ist bei der Regelverschonung zu 85 % und bei der Optionsverschonung zu 100 % freigestellt. Vor allem aber stellt Bargeld kein schädliches Verwaltungsvermögen dar, so dass dieses nicht zu einem Wegfall der Verschonung bei Überschreiten der Quote von 50 (10) % führen kann.

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