Erbauseinandersetzungen
„Sage nicht, du kennst einen Menschen, bevor du nicht ein Erbe mit ihm geteilt hast“, riet einst Johan Casper Lavater, ein Pfarrer und Philosoph der Aufklärung. In einem Erbrechts-Fall besteht oft erheblicher Regelungsbedarf, weil es entweder kein Testament gibt oder in einem Testament wichtige Punkte nicht bedacht wurden. Gerade das Konfliktpotenzial einer Erbengemeinschaft wird von Erblassern oft unterschätzt:
Konfliktpotential Erbengemeinschaft
Meist wird der Erblasser laut Erbrecht nicht nur von einer, sondern von mehreren Personen beerbt. Der Nachlass wird dann gemeinschaftliches Vermögen der Miterben. Diese bilden eine Erbengemeinschaft, die den Nachlass gemeinsam verwaltet. Solange die Erbengemeinschaft ungeteilt ist, besteht keine Zuordnung einzelner Gegenstände des Nachlasses zu den Miterben, selbst wenn dieses vom Erblasser angeordnet wurde. Keiner der Miterben kann laut Erbrecht über einen einzelnen Nachlassgegenstand verfügen, d. h. diesen verkaufen oder alleine nutzen. Eine der wenigen Ausnahme von diesem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge bilden Anteile an Personengesellschaften, bei denen das Prinzip der Einzelrechtsnachfolge gilt.
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind gehalten, durch gemeinschaftliches Handeln zumindest vorübergehend das Erbe zu verwalten und ggf. die Erbteilung herbeizuführen, d. h. die Auseinandersetzung des ererbten Vermögens. Bei der Verwaltung gilt:
Bei der außerordentlichen Verwaltung ist laut Erbrecht die Einstimmigkeit aller Miterben erforderlich; das betrifft Maßnahmen von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite.
Bei der ordnungsgemäßen Verwaltung reicht ein Mehrheitsbeschluss nach Stimmanteilen.
Lediglich bei der notwendigen Verwaltung kann ein Miterbe laut Erbrecht im Notfall alleine handeln, wenn es darum geht, Schaden vom Nachlass abzuwehren.
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
Die Erbengemeinschaft ist auf Auseinandersetzung ausgelegt: Jeder Miterbe kann jederzeit ohne Angabe von Gründen die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen. Hier sind in erster Linie die Miterben selbst angesprochen, sich im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrages zu einigen. Das Erbrecht gibt für einen solchen Auseinandersetzungsvertrag nur rudimentäre Leitlinien vor: Teilbare Gegenstände sind zu teilen; nichtteilbare wie Grundstücke sind ggf. zu veräußern. Ansonsten steht es den Miterben frei, eine Regelung darüber zu treffen, wer welche Gegenstände mit welchem Ausgleich übernimmt.
Als besonders praktisch und kostengünstig (z. B. bei Grundstücken) kann es sich auch erweisen, wenn ein Miterbe den gesamten Nachlass gegen Abfindungszahlungen an die anderen Miterben übernimmt.
Vermeidung einer Erbengemeinschaft durch den Erblasser
Wann kommt es überhaupt zu einer Erbengemeinschaft? Zum einen, wenn mangels eines Testamentes die gesetzliche Erbfolge greift. Ein Testament ist daher in der Regel dringend zu empfehlen. Zum anderen, wenn in einem Testament mehrere Erben eingesetzt sind.
Lösung: Alleinerbe und Vermächtnisnehmer
Um eine Erbengemeinschaft zu vermeiden, ist die Bestimmung eines Alleinerben per Testament ein probates Mittel – zumal dies nicht bedeutet, dass die anderen Nachfolger leer ausgehen müssen. Diese können laut Erbrecht anstatt als Miterben auch als Vermächtnisnehmer eingesetzt werden. Diese Lösung empfiehlt sich aus steuerlichen Gründen in der Regel dann, wenn sich im Nachlass ein Unternehmen befindet, als dessen Nachfolger nicht alle Kinder vorgesehen sind.
Der Vermächtnisnehmer ist gemäß Erbrecht nicht als Miterbe an der Erbengemeinschaft beteiligt und hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben z. B. auf Übertragung der im Testament bestimmten Gegenstände. Verfahrensrechtlich ist die Position des Vermächtnisnehmers schwächer, da der Erbe die Erfüllung seines Anspruchs erschweren kann. Dies lässt sich dadurch kompensieren, dass z. B. der Vermächtnisnehmer eine unentziehbare Vollmacht zur Übertragung der Gegenstände im Testament erhält.
Regelungsbedarf im Testament bei Nachfolge durch mehrere Miterben
Für den Fall, dass mehrere Nachfolger Miterben sein sollen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten im Erbrecht, per Testament die Verteilung der Nachlassgegenstände zu regeln:
- Vorabvermächtnis an einen Erben
- Teilungsanordnung
- Testamentsvollstreckung
Vorausvermächtnis
Beim Vorausvermächtnis ist vorab ein bestimmter Gegenstand an einen Erben herauszugeben, ohne dass dessen Wert auf die Erbquote angerechnet wird.
Teilungsanordnung
Die Teilungsanordnung des Erblassers regelt, wie der Nachlass aufgeteilt wird. Sie kann einverständlich durch alle Erben geändert werden.
Testamentsvollstreckung
Bei der Testamentsvollstreckung führt laut Erbrecht ein Dritter die Auseinandersetzung durch – ggf. nach den Anweisungen des Erblassers. Sie stellt eine teure Lösung dar, die jedoch ggf. bei komplexen Teilungen geboten ist.
Unsere Leistungen zu Fällen des Erbrechts
Außer bei der Regelung der Nachfolge und der Abfassung von Testamenten unterstützen wir Sie auch nach dem Erbfall bei der Erbauseinandersetzung.
Vorrangiges Ziel ist oft, den Streit in der Familie zu vermeiden. Unser Verständnis für die Situation in Unternehmen und bei der Vermögensauseinandersetzung in Familien hilft, Streit zu vermeiden und die Auseinandersetzung auf eine sachliche Basis zu stellen. Oft reicht bereits eine rechtliche Unterstützung zu anstehenden Fragen und Lösungsalternativen. Am Ende dieses Beratungsprozesses sollte ein einverständlicher Auseinandersetzungsvertrag stehen.
Im Falle von Streitigkeiten zwischen Erben, Vermächtnisnehmern und weiteren Beteiligten vertreten wir Sie in Verhandlungen mit der Gegenseite und falls erforderlich vor Gericht.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die steuerliche Beratung bei der Auseinandersetzung und Veräußerung des ererbten Vermögens.