- Konfliktbewältigungsmechanismen
- Stärkung individueller Gesellschafterrechte
- Familienstrategien
- Familienstämme
- Liquiditätssicherung
Schutz vor Risiken aus der Gesellschaftersphäre
Gesellschaften bergen – wenn auch in der täglichen Praxis häufig verdrängt – ein latentes Konfliktpotenzial für deren Gesellschafter. Sie funktionieren so lange, bis sich unvorhergesehene Situationen (Scheidung, Tod eines Gesellschafters) oder ernsthafte Gesellschafterkonflikte ereignen.
Diesbezüglich sollte im Gesellschaftsvertrag Vorsorge getroffen werden. In der Praxis wird vielfach kritiklos auf Musterverträge ohne Anpassung an die individuellen Gegebenheiten der Gesellschaft zurückgegriffen. Oder es wird die vertragliche Angleichung an veränderte Umstände versäumt. Nicht selten weicht auch jahrelang die faktische Handhabung in vielen Gesellschaften schlicht vom niedergelegten Vertrag ab mit der Folge einer großen Rechtsunsicherheit.
Zum Schutz der Gesellschafter sollte der Gesellschaftsvertrag nach den persönlichen Schwerpunkten stringent auf Lösungen für bestimmte Interessenkonflikte ausgerichtet werden, die ich nachfolgend beispielhaft darstelle.
Ein zukunftsweisender Gesellschaftsvertrag sollte je nach Bedarf auf die Lösung folgender Interessenkonflikte ausgerichtet werden:
Mechanismen zur Bewältigung von Konflikten unter Gesellschaftern
Konflikte zwischen Gesellschaftern gibt es in der Praxis leider immer wieder. Sie gefährden im Extremfall – sei es, dass einer der Gesellschafter den anderen hintergeht oder sei es, dass er eine Blockadehaltung einnimmt – die Gesellschaft wie das Gesellschafter-Vermögen gleichermaßen. Je nach den Mehrheitsverhältnissen sehen die Lösungen völlig unterschiedlich aus.
Gesellschaften mit gleichberechtigten Gesellschaftern
Bei Gesellschaften mit zwei gleichberechtigten bzw. mehreren nicht beherrschenden Gesellschaftern gilt es, vorbeugend im Gesellschaftsvertrag Mechanismen zur Konfliktbeseitigung (Beirat, Regeln für den Verkauf von Gesellschaftsanteilen etc.) stringent zu regeln.
Stärkung Gesellschafterrechte bei dem Mehrheitsgesellschafter
Anders kann sich die Situation bei einer Gesellschaft mit einem Mehrheitsgesellschafter darstellen. Hier kann es geboten sein, die individuellen Interessen und Rechte eines einzelnen Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag durchgängig zu stärken.
Nichts ist schlimmer, als wenn der Mehrheitsgesellschafter im Konfliktfall durch einen Blick in den Gesellschaftsvertrag plötzlich feststellen muss, dass bestimmte Maßnahmen in der Gesellschaft oder auf Gesellschafterebene (Verkauf seiner Anteile etc.) nicht ohne Zustimmung des Mitgesellschafters umgesetzt werden können.
Ein besonders heimtückischer und wenig bekannter Fallstrick ist der gesetzliche Stimmrechtsausschluss gem. § 47 (4) GmbHG. Danach hat ein Gesellschafter, der durch einen Gesellschafterbeschluss entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, kein Stimmrecht. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Einleitung oder Erledigung von Rechtsstreiten oder der Vornahme von Rechtsgeschäften mit dem Gesellschafter.
Ein Beispiel für letztere Fallgruppe ist, wenn ein Gesellschafter im Rahmen einer Betriebsaufspaltung der Gesellschaft eine ihm gehörende Immobilie vermietet. Soll der Mietvertrag gekündigt oder anderweitig geändert werden, so wären nach dem Gesetz der Mehrheitsgesellschafter (Vater) von einem Gesellschafterbeschuss hierüber ausgeschlossen. Der mit 1 % beteiligte Minderheitsgesellschafter (Sohn) könnte das Mietverhältnis alleine kündigen.
Beratung: Denn der vom Prinzip interessengerechte Stimmrechtsauschluss kann in Einzelfällen zu ungewollten Machtverschiebungen in einer Familiengesellschaft führen. Im o.g. Beispiel ist der Stimmrechtsausschluss im Gesellschaftsvertrag partiell abdingbar. Diese Möglichkeit wird in Gesellschaftsverträge leider zu wenig genutzt.
Aufrechterhaltung des Familiencharakters von Familiengesellschaften
Familiengesellschaften haben oftmals den Wunsch, den Familiencharakter einer Gesellschaft aufrechtzuerhalten und das Gleichgewicht zwischen mehreren Familienstämmen dauerhaft auszubalancieren. Der Gesellschaftsvertrag kann explizit nach solchen Zielen ausgerichtet und strukturiert werden, wobei zwei Grundsituationen unterschieden werden müssen:
Gesellschafter sind Mitglieder eines Familienstamms:
Häufig ist bei dieser Konstellation die primäre Zielsetzung die Aufrechterhaltung des Familiencharakters der Gesellschaft. Dies erfordert schwerpunktmäßig Regelungen in den folgenden Bereichen:
- Klare Macht- und Entscheidungsstrukturen
- Vinkulierungsklauseln in Bezug auf die Gesellschaftsanteile (kein ungewollter Eintritt familienfremder Dritter!)
- Güterstandsklauseln (Möglichkeit, Nachfolger/Kinder aus der Gesellschaft auszuschließen, wenn sie keinen Güterrechtsvertrag mit ihrem Ehepartner derart abschließen, dass die Gesellschaftsanteile von einem Zugewinnanspruch im Falle der Scheidung ausgeschlossen sind)
- Vererbungsklauseln (An wen sind Anteile vererbbar? Wie wird eine Vererbung an die Schweigerkinder ausgeschlossen? Bei Vererbung an Ehegatten: Durch eine neue Ehe werden Erb- und Pflichtteilsansprüche des neuen Ehepartners begründet, wodurch die Vererbung in der Familie gefährdet ist.
- Kündigungs- und Abfindungsklauseln
Gesellschafter aus mehreren fremden Familienstämmen:
Hier kann eine Ausrichtung und Strukturierung des Gesellschaftsvertrages nach Familienstämmen angebracht sein, wenn das Machtverhältnis unter den Familienstämmen auf Dauer aufrechterhalten und ausbalanciert werden soll:
- Stimmrechte werden getrennt nach Stämmen ausgeübt
- Vorrangige Übertragung von Anteilen im Familienstamm
- Regelungen für den Fall des Ausscheidens eines Geschäftsführers eines Stamms (z.B. durch Tod)
Beispiel: An einer GmbH sind Gesellschafter aus zwei Familienstämmen mit jeweils 50 % beteiligt. Der Geschäftsführer des einen Familienstamms verstirbt. Dieser Familienstamm hat dann mit 50 % der Stimmen in der Gesellschafterversammlung nicht die Mehrheit, um aus oder für den Stamm einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. In der Folge leitet der Gesellschafter des anderen Familienstamms die Gesellschaft allein, was diesen in die Lage versetzt, den Stamm des verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers von Informationen abzuschneiden und finanziell auszubluten.
Familienstrategien in Unternehmensverträgen
Einen weiteren Schwerpunkt sehe ich darin, die einschlägigen Regelungen in den Gesellschaftsverträgen der Unternehmen, die die Familie betreffen, aus Sicht der Familie hinreichend zu würdigen und entsprechende Regelungen umzusetzen. Themen sind u.a. die Höhe der jährlichen Ausschüttungen an die Gesellschafter, die Regelung, an welche Personen die Gesellschaftsanteile vererbt werden können (Ehegatten, Kinder, Schwiegerkinder) oder die Frage, ob im Falle von mindestens zwei Gesellschaftern (Familienstämme) die Gesellschafter ihre Aneile frei an Dritte veräußern dürfen.
Bei alledem ist stets darauf zu achten, dass die gesellschaftsvertraglichen Regelungen mit den erbrechtlichen Regelungen kompatibel sind. Sonst kann es zu Komplikationen führen, wenn z.B. ein Angehöriger testamentarisch als Erbe und Nachfolger im Unternehmen eingesetzt ist, laut Gesellschaftsvertrag aber dessen Nachfolge nicht möglich ist.
Vorsorge und Liquiditätssicherung auf Ebene der Gesellschaft
Durch Wechselfälle des Lebens kann es zu einem Ausscheiden eines Gesellschafters kommen, u.a. wegen
- Todesfall
- Alter, Krankheit
- Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund
- Pfändung eines Gesellschaftsanteils durch Gläubiger des Gesellschafters
- freiwilliges Ausscheiden
Im Todesfall stellt sich, wenn der Gesellschafter zugleich auch mitarbeitender Geschäftsführer war, speziell bei kleineren Unternehmen oft die Frage, ob die Erben (Ehefrau, Kinder) gegen Abfindung ausscheiden können bzw. gar müssen. Gerade wenn die Erben nicht im Unternehmen tätig sind, sind aufgrund divergierender Interessen Konflikte vorprogrammiert, sodass ein Ausscheiden ggf. sinnvoll sein kann.
Brisant ist der Fall, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft austreten oder seinen Gesellschaftsanteil verkaufen möchte. Das Ausscheiden zieht in der Regel zwingend eine Abfindung nach sich. Dies wiederum kann zu erheblichen Liquiditätsbeeinträchtigungen der Gesellschaft führen. Abfindungseinschränkungen werden vom Gesetz – allerdings nur begrenzt – zugelassen. Diese Spielräume gilt es zu nutzen. Alternativ kann dem Gesellschafter ggf. der Verkauf seiner Anteile eingeräumt werden, wenn dies mit einem Vorkaufsrecht der anderen Gesellschafter verbunden ist.
Zankapfel ist in diesen Fällen die Höhe der Abfindung. Aus Sicht der Gesellschaft geht es vor allem darum, durch eine geringe und zeitlich gestreckte Abfindung die Liquidität der Gesellschaft zu schonen. Das gilt insbesondere, wenn Gläubiger des Gesellschafters den Gesellschaftsanteil gepfändet haben oder ein Gesellschafter aufgrund erheblicher Pflichtverletzungen aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde. Bei Ausscheiden der Erben soll hingegen die Abfindung ggf. die Versorgung der Familie des ausscheidenden Gesellschafters sicherstellen. In all diesen Fällen sind die Abfindungsbeschränkungen im Gesellschaftsvertrag unterschiedlich auszugestalten.
Liquiditätssicherung auf Ebene des Gesellschafters
Es gibt auch bei Gesellschaftern eine Reihe von Lebenssituationen und Umständen, die einen Liquiditätsabfluss bei ihm persönlich bzw. seiner Familie zur Folge haben können. Typisches Beispiel ist das Vererben eines Gesellschaftsanteils, das bei mangelnder Vorsorge durchaus erhebliche Erbschaftssteuer auslösen kann. Für den Fall, dass nur einer der Erben in der Gesellschaft als Nachfolger vorgesehen ist, drohen Pflichtteilsansprüche der anderen Erben. Teuer für einen Gesellschafter kann auch eine Ehescheidung werden, wenn der Wert des Unternehmens nicht per Ehevertrag von einem Zugewinnausgleich ausgeschlossen ist.
Beratung: All diese Situationen gilt es frühzeitig durch ein Bündel von Maßnahmen auf der Gesellschaftsebene (Gesellschaftsvertrag) und/oder auf der privaten Ebene des Gesellschafters (Pflichtteilsverzicht, Ehevertrag etc.) zu antizipieren und zu lösen.