Steuerfahndung

Bei der Tax Compliance bzw. beim Tax Riskmanagement geht es darum, durch entsprechend Vorkehrungen im Betrieb Steuern- und Strafrechtsrisiken vom Unternehmen und vom Unternehmer fernzuhalten.

http://www.liechtenstein-journal.li/assets/files/Beitraege/0109_02.pdf

http://www.esche.de/publikationen/compact-2012/compact-i2012/tax-compliance-management-steuerlicher-risiken/

Eine Steuerstraftat ist eine Vorsatztat und beruht auf einer willentlich gesteuerten Entscheidung. Trotzdem sind an der Grenze zur Steueroptimierung Situationen möglich, in denen der Unternehmer von der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens überrascht wird. Manche Finanzämter und Betriebsprüfungen neigen dazu, ihren steuerlichen Auffassungen durch die Einleitung eines Strafverfahrens die nötige Durchschlagskraft zu verleihen.

Galt eine Steuerhinterziehung lange Zeit als Kavaliersdelikt, hat sich in jüngster Zeit das gesellschaftliche Umfeld und die Stimmung verstärkt gegen Steuerhinterzieher gewandt (Fälle Zumwinkel, Hoeneß). Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens kann sich nachteilig auf die gesellschaftliche Reputation, Bonität des Unternehmens sowie die Kreditwürdigkeit bei Banken auswirken. Für den Unternehmer bzw. Gesellschafter selbst stellen Maßnahmen der Steuerfahndung und deren Auswirkungen auf ihn eine erhebliche psychische Belastung dar. Jeder Mittelständler, der einmal – zu Recht oder zu Unrecht – in das Fadenkreuz der Steuerfahndung geraten ist, weiß um die existenzbedrohenden Folgen solcher Eingriffe.

Beratung: Aufgrund meiner Tätigkeit in der Finanzverwaltung und als Rechtsanwalt und Steuerberater verfüge ich über langjährige Erfahrungen im Bereich der Betriebsprüfungen und von Steuerstrafverfahren und Steuerfahndungen. Ich unterstütze Sie gerade auch im Vorfeld einer Betriebsprüfung, bei der Begleitung kombinierter Betriebsprüfungen und Steuerfahndungen  und bei akuten Problemen mit der Steuerfahndung.

Weiterführende Hinweise

Nachfolgend werden einige kritische Punkte und, soweit möglich, vorsorgende Aspekte bei der Steuerfahndung dargestellt:

  1. Die Steuerfahndung wird als Ermittlungsbehörde tätig, sobald ein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit vorliegt (§ 152 Abs. 2 StPO). Entscheidend sind zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die nach kriminalistischen Erfahrungen das Vorliegen einer Straftat als möglich erscheinen lassen.Maßnahmen der Fahndung wie Durchsuchungen erfordern einen gerichtlichen Beschluss, es sei denn, dass Gefahr im Verzug ist. In der Praxis stelle ich jedoch immer wieder fest, dass Gerichte keine effektive Kontrollinstanz darstellen. Auch nachträgliche Beschwerden gegen Maßnahmen der Steuerfahndung etwa mit dem Hinweis darauf, dass es für die Einleitung an einem Anfangsverdacht gefehlt habe, versprechen meist wenig Erfolg.
  2. Die Wege, wie es zur Eröffnung eines Strafverfahrens und zu Fahndungsmaßnehmen kommen kann, sind vielfältig. Sie können aus Betriebsprüfungen beim eignen Unternehmen, aber auch bei Geschäftspartnern entstehen, wenn diese zu Kontrollmitteilungen führen. Alarmzeichen sind dann gegeben, wenn der Prüfer in einer kritischen Phase ohne ersichtlichen Grund seine Prüfung unterbricht. Dann könnte er die Pause nutzen, die Einleitung eines Strafverfahrens mit entsprechenden Fahndungsmaßnahmen zu veranlassen. Gerichte und Behörden sind bei Verdacht auf eine Steuerstraftat anzeigepflichtig. Auch der Insolvenzverwalter, der gehalten ist, die Unternehmensfinanzen und Buchführung aufzuarbeiten, wird Verdachtsindizien melden. Weitere Quelle können (anonyme) Anzeigen von Mitarbeitern oder geschiedenen Ehepartnern oder die Informationszentrale Ausland des Bundeszentralamtes für Steuern (IZA) sein, die alle steuerlich relevanten Informationen über ausländische Gesellschaften sammelt.
  3. Relativ neu ist der sogenannte Flankenschutz. Dieser basiert auf einer engen Zusammenarbeit des Innendienstes der Finanzverwaltung mit der Steuerfahndung. Die Arbeitsweise der Festsetzungs-Finanzämter wird in Zeiten knapper Personalressourcen von Vertrauensvorschuss, Risikoorientierung und Gewichtung geprägt. Das bedingt, dass in Fällen, in denen der Steuerpflichtige das ihm entgegengebrachte Vertrauen offensichtlich missbraucht, bereits dem Veranlagungsbezirk, der Umsatzsteuer-Voranmeldungsstelle oder einer andere Stelle des Innendienstes adäquate Reaktionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Durch diese Möglichkeit wird letztlich auch ein Abschreckungspotenzial, das die Steuerpflichtigen disziplinieren soll, aufgebaut. Neu ist auch, dass über den Flankenschutz nicht nur Fälle aus dem unternehmerischen Bereich, sondern auch Fälle der Nichtabgabe von Steuererklärungen, aus dem Bereich der Vermietung und Verpachtung und nichtselbstständige Arbeit (doppelte Haushaltsführung, Reisekosten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Arbeitszimmer) aufgegriffen werden.

    Beispiel: Macht der Steuerpflichtige übermäßige Werbungskosten für seine vermietete Ferienwohnung geltend, kann durch Hausdurchsuchungen in der Ferienwohnung, Privatwohnung und ggf. im Betrieb überprüft werden, ob die abgesetzte Waschmaschine und die neuen Möbel tatsächlich in der Ferienwohnung und nicht doch in der Privatwohnung des Steuerpflichtigen stehen.

  4. Für den Betroffenen besonders misslich sind die Fälle, wenn anlässlich eines ganz banalen Anfangsverdachtes oft ganz andere Steuerstraftaten entdeckt werden, weil z.B. der Unternehmer nicht angegebenen Einnahmen im Rahmen einer „doppelten Buchführung“ sorgfältig aufgezeichnet und diese leicht zugänglich zu Hause aufbewahrt hat. Auch diese sogenannten Zufallsfunde sind verwertbar! Manchmal hat man den Eindruck, dass ein banaler Anfangsverdacht für die Finanzbehörden nur der formale „Türöffner“ für intensive Ermittlungsmaßnahmen ist.
  5. Zu den wichtigsten Reaktionsmöglichkeiten des Betroffenen gehört die Selbstanzeige. Auch wenn dieses Instrument in letzter Zeit stark in die politische Auseinandersetzung geraten ist, stellt sie nach wie vor eine einzigartige Möglichkeit dar, rückwirkend die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung zu vermeiden. Spätestens, wenn ein Erscheinen der Steuerfahndung „in der Luft liegt“, sollte sie erwogen werden. Die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige werden in einem gesonderten Artikel dargestellt. Hier geht es darum, bis zu welchem Zeitpunkt eine wirksame Selbstanzeige noch erstattet werden kann, der Betroffene also noch „Herr des Verfahrens“ ist. Ausgeschlossen ist eine Selbstanzeige spätestens, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder Ermittlung einer Steuerstraftat erschienen ist.

    Ferner ist sie gem. § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht mehr möglich, wenn die Steuerstraftat ganz oder teilweise bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung damit rechnen musste. Der bloße Erwerb einer CD reicht noch nicht. Es muss weiter eine Vernetzung zum Finanzamt des Betroffenen stattgefunden haben und festgestellt worden sein, dass bestimmte steuerliche Sachverhalte nicht erklärt wurden. Gleiches gilt bei Kontrollmitteilungen. Das weitere Merkmal, nämlich dass der Betroffene mit der Entdeckung der Tat rechnen musste, wird von der Rechtsprechung streng beurteilt, kann wegen seiner Unbestimmtheit in der Praxis jedoch Ansatzpunkte für einen Deal mit der Finanzbehörde bieten.

  6. Die Steuerfahndung verfügt sowohl rechtlich als auch faktisch über erhebliche Eingriffsbefugnisse. Sie beginnt im Regelfall mit einer Hausdurchsuchung, die sich neben der Privatwohnung auch auf den Betrieb, das Wochenendhaus, das Auto und Nebenräume wie Garagen, Banksafes und unter gewissen Umständen auch auf die Räumlichkeiten Dritter (Angehörige) erstreckt. Fahnder sind geübte Durchsucher. Es muss davon ausgegangen werden, dass Laienverstecke entdeckt werden.
    Die Hausdurchsuchung muss durchgestanden werden. Der Betroffene sollte jedoch Unterlagen nicht freiwillig herausgeben, sondern auf eine formale Beschlagnahme bestehen. Anschließend können gegen die Durchsuchung und die Beschlagnahme einzelner Unterlagen und Gegenstände Rechtsbehelfe eingelegt werden.

    Die Steuerfahndung kann auch bei den Banken des Betroffenen Auskünfte einholen. Besonders unangenehm, weil geschäftsschädigend sind  Zeugenbefragungen bei Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. In Einzelfällen bietet sich jedoch die Chance, diese Maßnahme durch eine frühe Einigung mit den Finanzbehörden zu vermeiden.

  7. Immer wieder versucht die Fahndung, den Betroffenen zu einem umfassenden Geständnis zu bewegen nach dem Motto „Sagen Sie alles, dann kommen sie auch bei der Strafe gut weg“. Hier ist große Vorsicht gebeten. Nicht die Steuerfahndung sondern die Steuerstrafsachenstelle entscheidet über die strafrechtlichen Folgen.
  8. Zunehmend werden Betriebsprüfungen durch die Einleitung von Steuerstrafverfahren flankiert. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine „normale“ Betriebsprüfung mehr und es gelten eigene Maximen für die zeitlich parallele Abhandlung der Betriebsprüfung und des Strafverfahrens. Alles, was bei der Betriebsprüfung und in dem Steuerverfahren an Mitwirkung und Aussagen erfolgt, kann auch im Strafverfahren gegen den Steuerpflichtigen verwandt werden. Es ist daher kein Platz für eine Teilnahme des Steuerpflichtigen an Besprechungen mit der Finanzverwaltung. Aussagen des Steuerpflichtigen zu Sachverhalten wertet das Finanzamt später (zu Recht) als strafrechtliche Einlassung und ggf. Geständnis.

Es ist Aufgabe des Verteidigers in dieser Situation, ein „hypothetisches Einigungsmodell“ mit dem Finanzamt zu erarbeiten. Wie könnte der Abschluss der Betriebsprüfung aussehen bei Annahme bestimmter hypothetischer Sachverhalte, die natürlich nicht zugegeben werden (wie der Nichtnachweisbarkeit bestimmter Betriebsausgaben oder weiterer nicht erklärter Einnahmen). Eine mit dem Finanzamt anzustrebende Einigung umfasst dann immer auch das Strafverfahren. Hier ist ggf. die Höhe der Strafe zu klären und vorrangig, ob ggf. eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage möglich ist. Erst wenn Steuer- und Strafverfahren geklärt sind, können beide als Paketlösung abgeschlossen werden.

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