Vermeidung rechtlicher Anlagerisiken

Privatvermögen unterliegt neben der Haftung für betriebliche Risiken ganz eigenen Gefahren in Form von Anlage- und Kapitalmarktrisiken. Eine Anlageentscheidung vollzieht sich gemeinhin im „magischen Dreieck“ von Sicherheit, Rentabilität und Liquidität; hinzukommen ggf. weitere Kriterien wie Steuervorteile und Umweltaspekte. Seit der Finanzkrise dominiert bei den meisten Anlegern der Sicherheitsaspekt. Hier ist zwischen klassischen Kapitalmarktrisiken (z.B. Markt- und Kursschwankungsrisiken) und allgemeinen Hintergrundrisiken (z.B. rechtliche Risiken) zu unterscheiden.

Die meisten Anleger haben die Markt- und Kursschwankungsrisiken, die mit ihren Anlagen verbunden sind, inzwischen verinnerlicht – nicht zuletzt wegen der starken Schwankungen der Aktienmärkte. Doch rücken immer mehr die rechtlichen und/oder konstruktiven Risiken der einzelnen Kapitalanlagen in den Blick. Grund hierfür ist der Absturz früher als sicher geltender Anlagesegmente seit der Finanzkrise 2008. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die Entwertung der Lehmann-Zertifikate, den plötzlichen Absturz der Geldmarktfonds und der offenen Immobilienfonds – Anlagesegmente, die bis dato als sicher eingestuft worden waren.

Der Eintritt rechtlich-konstruktiver Anlagerisiken erwischt den Anleger in der Regel auf dem falschen Fuß. Anleger ebenso wie Berater schätzen solche Worst-Case-Risiken, die einen Totalverlust zur Folge haben können, oft falsch ein. Die Finanzkrise 2008 hat vielen Anlegern die Augen geöffnet. Unternehmer sollten in Betracht ziehen, dass Anlagerisiken (z.B. Aktiencrash) und Unternehmenskrisen sich gleichzeitig realisieren können. Aktienanlagen eines Unternehmers widersprechen daher ggf. dem Grundsatz der Risikominderung durch Diversifizierung.

Beratung: Ich berate Sie, ggf. zusammen mit einem zertifizierten Finanzplaner, im Vorfeld einer Anlagenakquisition über rechtliche und konstruktive Risiken von Anlagen.

Weiterführende Hinweise

Forderungswerte (Anleihen, Spareinlagen bei Banken)

Forderungswerte gewähren kein Recht am Vermögensgegenstand selbst, sondern beinhalten nur das Versprechen eines Schuldners auf Leistung von Geld oder Lieferung eines Gegenstandes. Ihrer rechtlichen Konstruktion immanent ist das Risiko, dass der Schuldner nicht zahlt (Ausfallrisiko bzw. Emittentenrisiko).

Einen Sonderstatus beim Ausfallrisiko genossen bislang Bankeinlagen (Spareinlagen, Festgeld, Bankanleihen) durch eine gesetzlich vorgeschriebene Einlagesicherung in Höhe von 100.000 Euro je Anleger und Bank, die durch eine freiwillige Einlagensicherung der Institute ergänzt wird. Dieser besondere Schutz hat sich jedoch im Laufe der Finanzkrise ins Gegenteil verkehrt.

Zum einen ist auf EU-Ebene geplant, dass die Gläubiger der Banken (Anleihengläubiger und Sparer) im Falle der Insolvenz der Banken auch dem allgemeinen, bei Forderungsrechten üblichen Ausfallrisiko unterliegen. Zypern markiert insoweit einen Paradigmenwechsel von der obligatorischen Rettung der Banken durch die Staaten und Notenbanken (Bail-out) hin zur Möglichkeit, die Bankengläubiger an einer Bankeninsolvenz bzw. Krise finanziell zu beteiligen (Bail-in). Damit stehen sie den normalen Gläubigern in nichts nach.

http://www.misesde.org/?p=4858

http://de.wikipedia.org/wiki/Bail-out_%28Wirtschaft%29

Zum anderen weist die – als Reduzierung des Ausfallrisikos bei Banken gedachte – Einlagensicherung große Lücken auf: Für die gesetzliche Einlagensicherung in Höhe von 100.000,- € kommt entgegen landläufiger Auffassung nicht der Staat, sondern gem. § 8 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) nur die Entschädigungseinrichtung der Banken auf. Diese ist von ihrem Volumen nur für Einzelinsolvenzen und nicht zur Abdeckung eines Systemrisikos im Falle einer allgemeinen Bankenkrise konzipiert.

http://www.focus.de/finanzen/banken/staat-garantiert-nicht-fuer-erspartes-der-100000-euro-irrtum_aid_762141.html

Fazit: Bankanleihen und Einlagen von Sparern sind besonders gefährdet. Dagegen stellen Anleihen anderer Schuldner, Aktien und sonstige Wertpapiere im Bankdepot Sondervermögen der Kunden dar, das in einer Insolvenz der Bank auszusondern ist. Wertpapierdepots, die bei Brokerhäusern geführt werden, können dagegen – je nach den Geschäftsbedingungen – von dem Broker zur eigenen Gewinnmaximierung verpfändet werden.

Sachwerte 

Sachwerte gewähren ein unmittelbares Recht an der Sache und haben kein Gegenparteirisiko. Allerdings können sich – soweit diese nicht physisch direkt vom Eigentümer gehalten werden – aus der Beteiligungsform (z.B. als Fonds oder Zertifikat) wiederum neue rechtliche Risiken ergeben.

Ein typisches Beispiel hierfür sind Immobilien, bei denen es ein breites Spektrum von Beteiligungsformen gibt: Einzeleigentum, Miteigentum, private Gesellschaften (GbR), WEG (Wohnungseigentumsgemeinschaft), offene oder geschlossene Fonds, Aktien, Reits usw. Vor- und Nachteile dieser Konstruktionen sind sorgfältig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen.

Rohstoffe bieten – mit Ausnahme der Edelmetalle – das Problem, dass sie in der Regel vom Anleger nicht physisch gehalten werden können. Ansonsten lassen sich Rohstoffe vom Anleger nur in Form von schuldrechtlichen Ansprüchen halten – entweder als Future (Lieferanspruch) an den Terminbörsen oder als Zertifikat mit dem Anspruch auf Geldausgleich. Bei Metallen finden sich auch Einkaufsgemeinschaften, die z.B. in Form von Gesellschaften bürgerlichen Rechts organisiert sind.

Eine Sonderstellung nimmt Bargeld ein. Es ist zwar kein Sachwert, stellt jedoch einen Besitzwert dar, der bestimmt wird von seiner Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel. Der Unterschied zu Bankeinlagen, die lediglich Forderungen auf Auszahlung von Bargeld darstellen, zeigt sich im Falle eines Banken-Runs, da der Umfang der Bankeinlagen den des Bargeldes um ein Vielfaches übersteigt.

Fonds

Die wichtigste Unterscheidung bei dieser Anlageform ist die zwischen offenen Investmentfonds und geschlossenen Fonds.

Das Recht der offenen Investmentfonds findet sich im Investmentgesetz, das explizit auch die Anlegerrechte regelt. Bei Investmentfonds nach deutschem Recht oder von Nachbarländern mit einem dem deutschen Recht vergleichbaren Investmentgesetz bilden die Anlagen Sondervermögen der Anleger, das vom Vermögen des Fonds-Initiators getrennt ist. Die Kundenanlagen sind daher in der Insolvenz geschützt. Investmentfonds nach deutschem Recht stellen daher keine klassischen Forderungsrechte wie Zertifikate dar, sondern ein Beteiligungsrecht. Sie sind insoweit mit unmittelbar selbst gehaltenen Sachwerten vergleichbar.

Auch sind die Fondsanteile grundsätzlich frei handelbar. Ausnahme: In Krisensituationen kann der Fonds geschlossen werden, d.h. es erfolgen keine Auszahlungen mehr an den Anleger. Diese Situation hatte sich in letzter Zeit in großem Umfang bei den offenen Immobilienfonds verwirklicht.

Nach dem deutschen Investmentgesetz dürfen Investmentfonds keine Rohstoffe bzw. Edelmetalle als Sondervermögen halten. Die auf dem Markt befindlichen deutschen Edelmetall-Fonds (ETF, ETC) gewähren daher nur einen schuldrechtlichen Lieferanspruch (z.B.  XETRA Gold), auch wenn der Fonds selbst die Anlage mit physischem Gold unterlegt. Im Unterschied dazu ist es z.B. Investmentfonds nach Schweizer Recht (Edelmetallfonds der Züricher Kantonalbank) erlaubt, Gold zu erwerben. Hier stellt das Gold des Fonds Sondervermögen der Anleger dar.

Dagegen unterliegen geschlossene Fonds keinem speziellen Anlegerschutzgesetz. Die Initiatoren bedienen sich hierfür allgemeiner Gesellschaftsformen wie z.B. einer BGB-Gesellschaft, KG oder einer atypisch stillen Beteiligung. Diese Gesellschaften werden von den Initiatoren nach eigenen Vorstellungen und Zielsetzungen ausgestaltet, ohne dass sie durch spezialgesetzlich normierte Schutzrechte zugunsten der Anleger beschränkt werden. Die in den individuell und umfassend formulierten Gesellschaftsverträgen vorgesehenen Pflichten der Anleger sind für diese kaum überschaubar.

Das Verlustrisiko kann im Endeffekt weit über die eingegangene Beteiligung hinausreichen, z.B. wenn der Anleger im Gesellschaftsvertrag eine Nachschuss-Verpflichtung eingegangen ist. Geschlossene Fonds stellen der Sache nach oft unternehmerische Anlagen dar – mit allen damit verbundenen Markt- und Management-Risiken! Für welchen Anleger ist die Kalkulation z.B. eines Windkraft-Fonds noch nachvollziehbar? Betriebskosten, Windausbeute, Einspeisungssicherheit etc. – dies alles sind letztlich für den Anleger nicht exakt nachvollziehbare Größen.

Zertifikate

Zertifikate sind typische Forderungswerte, auch wenn die Anlage, die den Kurs des Zertifikats bestimmt, auf einen Sachwert lautet. Das Bonitätsrisiko des Schuldners wird hier auch als Emittentenrisiko bezeichnet. Dieses scheint gering, wenn Emittent eine Bank oder renommierte Fondsgesellschaft ist. Doch oft ist der Emittent nicht die Bank oder die Fondsgesellschaft selbst, sondern eine Tochtergesellschaft, z.B. eine GmbH mit 25.000,- Euro Stammkapital bei einem Fondsvolumen in Millionenhöhe. Dieses Risiko wird im Emissionsprospekt meist zwar richtig dargestellt, kann vom Investor jedoch nur schwer eingeschätzt werden.

Ferner sind die Zertifikats-Bedingungen zu beachten. Es ist zu klären, unter welchen Bedingungen der Emittent das Zertifikat zurücknimmt. So ist z.B. bei Vorsorgezertifikaten eine Rückgabe grundsätzlich nur bei Fälligkeit vorgesehen. Üblich sind auch Formulierungen, wonach der Emittent sich nur verpflichtet, „unter gewöhnlichen Marktbedingungen“ Preise zu stellen. Die Folge: Bei größeren Marktbewegungen kann der Handel auch schon einmal ausgesetzt. Bei Kündigung kann der Rückzahlungswert ggf. nach freiem Ermessen geschätzt werden. Die Steuervorteile sind meist nicht gesichert. Dieses Risiko wird laut Prospekt ebenfalls meist den Anlegern aufgebürdet.

Beratung: Die Emissionsprospekte weisen zwar die Risiken meist „korrekt“ aus, sind aber sehr umfassend und komplex formuliert, sodass sie vom potenziellen Investor meist nicht nachvollzogen werden können. Bei der Prüfung dieser Risiken unterstütze ich Sie.

Kapitalbildende Lebensversicherungen (LV)

Weithin bekannt ist inzwischen das Marktrisiko, dass Auszahlungen von LV hinter den prognostizierten Beträgen zurückbleiben können. Weniger bekannt sind die konstruktiven Schwächen der LV – in etwa vergleichbar mit denen der offenen Immobilienfonds.

Zwar sind LV grundsätzlich fungibel, also jederzeit veräußerbar oder kündbar. Dieses System funktioniert jedoch nur dann, wenn lediglich einzelne Anleger von diesem Recht Gebrauch machen. Entsteht in Krisenzeiten ein Run auf LV und kündigt eine größere Anzahl von Anlegern, kollabiert die Fähigkeit zur Auszahlung auf Seiten der LV-Unternehmen.

Unter den Inhabern von Lebensversicherungen ist kaum bekannt, dass für diesen Fall der Gesetzgeber in § 89 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) Vorsorge getroffen hat. Danach ist die Aufsichtsbehörde im Falle einer systemischen Krise berechtigt, alle Arten von Zahlungen seitens der LV zeitweilig zu verbieten und Leistungen herabzusetzen. Ungeachtet dessen ist der Versicherungsnehmer jedoch weiterhin zur Einzahlung seiner laufenden Beiträge verpflichtet („Auszahlungsstop mit Einzahlungspflicht“!).

Diese Problematik ist nicht nur theoretischer Natur! Letztlich geht es bei der aktuellen Rettung der Banken und Staaten immer auch um die Rettung der Lebensversicherungen, da deren Vermögen im Schnitt zu 85 % aus Kapitalforderungen schwerpunktmäßig gegen Banken und Staaten besteht.

http://wissensmanufaktur.net/media/pdf/SmartInvestor6-2011-S-22-24.pdf

Steuersparmodelle

Bei ausgeprägten Steuersparmodellen besteht häufig die Gefahr einer Übergewichtung der Steuervorteile gegenüber den realwirtschaftlichen Faktoren der Anlagen.

Beispiele: Speziell bei Immobilien haben dubiose Steuersparmodelle Tradition: angefangen von Bauherrenmodellen in den 1980er und 1990er Jahren über die Ostimmobilien in den 1990er Jahren bis jüngst zu den sogenannten Schrottimmobilien. Aktuell sind Finanzierungen von Immobilien über Lebensversicherungen bedroht (s. u). 

Finanzierung mit Lebensversicherungen (LV) & Kredit in Schweizer Franken (CHF)

Bis 2004, als die Steuerfreiheit der Lebensversicherung abgeschafft wurde, war speziell die Finanzierung von Anschaffungskrediten über LV ein beliebtes Steuersparmodell. Bei diesem Modell zahlt der Anleger nur die Zinsen auf seinen Finanzierungskredit, ohne dass zunächst getilgt wird. Stattdessen erfolgen Einzahlungen in eine Lebensversicherung, mit deren Auszahlung der Kredit am Ende der Laufzeit auf einen Schlag abgelöst wird. Dadurch bleibt die Höhe des Kredits und damit der steuerlich abzugsfähigen Zinsen über die gesamte Laufzeit des Kredits gleich.

Hinzu kommt, dass die Kredite selbst oft mit kurzer Laufzeit und zinsgünstig in Schweizer Franken aufgenommen werden.
In dieser Mischung aus Steuersparmodell und Zinsoptimierung akkumulieren sich die Risiken. Der Anleger agiert quasi als „wandelnder Hedgefonds“. Folgende Risiken können auftreten:

  • Kürzungen der Auszahlungen der LV (bereits teilweise eingetreten)
  • Wertverlust der Immobilie
  • Anstieg der CHF und damit Verteuerung der Kreditrückzahlung (bereits eingetreten)
  • Anstieg der Zinsen

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Hinweis:
Diese Ausführungen stellen keine Anlageempfehlung dar! Eine solche kann nur individuell durch einen Anlageberater erfolgen. Die rechtliche Sicherheit der Anlage stellt lediglich ein Kriterium unter vielen für die Anlageentscheidung dar.

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